Friedrich Wilhelm Nietzsche (* 15. Oktober 1844 in Röcken – † 25. August 1900 in Weimar) war ein deutscher klassischer Philologe. Erst nach seinem Tod wurde Nietzsche als Philosoph weltberühmt. Dies ist vor allem seinen zahlreichen, philosophischen Schriften zu verdanken. Er war Vertreter des Nihilismus und prägte den Begriff des Übermenschen.
Biographie
Friedrich Wilhelm Nietzsche wurde am 15. Oktober 1844 in Röcken im heutigen Sachsen-Anhalt als Sohn des Pfarrers Carl Ludwig Nietzsche und seiner Frau Franziska geboren. Sein Name geht auf den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. zurück. Zwei Jahre später kam seine Schwester Elisabeth zur Welt und nach weiteren zwei Jahren sein Bruder Ludwig Joseph, der bereits 1850 verstarb. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1849 und dem des Bruders, ging die Familie nach Naumburg.
Nach der Privatschule besuchte der junge Nietzsche ab 1854 das Domgymnasium und wurde 1858 als Stipendiat in die Landesschule Pforta aufgenommen, wo er seine Interessen für Literatur, Philosophie, Musik und Sprache intensivierte. Im Wintersemester 1864/65 begann er an der Universität Bonn das Studium der klassischen Philologie und der evangelischen Theologie. Im Oktober 1865 wechselte er nach Leipzig. Dort entdeckte er sein Interesse für Arthur Schopenhauer und dessen Philosophie, die stark am Buddhismus ausgerichtet war.
1869 und noch vor seiner Promotion und Habilitation wurde Nietzsche zum außerordentlichen Professor für klassische Philologie an die Universität Basel berufen, wurde auf eigenen Wunsch von der preußischen Staatsbürgerschaft entlassen und blieb für den Rest seines Lebens staatenlos. Ein Jahr zuvor lernte er noch in Leipzig Richard Wagner kennen, der für ihn sowas wie eine Vaterfigur wurde. 1879 musste er sich wegen diversen Krankheiten vorzeitig pensionieren lassen. Von nun an reiste er und war als freier Autor sowie Philosoph tätig.
Zu Beginn des Jahres 1889 erlitt Nietzsche seinen ersten Nervenzusammenbruch. Die Annahme, er leide unter progressiver Paralyse als Folge von Syphilis, wurde nie bestätigt. Nach dem Aufenthalt in der Psychiatrischen Universitätsklinik in Jena, nahm ihn seine Mutter schließlich 1890 wieder in Naumburg auf. Nach dem Tod seiner Mutter 1897 lebte er in der Villa Silberblick in Weimar, wo seine Schwester ihn pflegte. Nach mehreren Schlaganfällen war Nietzsche teilweise gelähmt, fast blind und konnte weder stehen noch sprechen, bis er schließlich am 25. August 1900 an den Folgen einer Lungenentzündung und eines weiteren Schlaganfalls starb.
Nietzsches Philosophie kompakt
Nietzsches Philosophie basiert auf keinem klassischen philosophischen System an sich. Sein Werk ist stark von Einflüssen Schopenhauers und dessen Willensmetaphysik geprägt. Er verstand Philosophie nicht als Wissenschaft, sondern als Kunst. Sie bringe keine Wahrheiten hervor, sondern lediglich die subjektive, persönliche Meinung des jeweiligen Denkers. Objektive Wahrheit und Werte seien nicht möglich und erfolgten immer nur aus der Perspektive des jeweiligen Menschen, beruhen also auf der eigenen Meinung.
„Tatsachen gibt es nicht, nur Interpretationen.“
(Quelle: Nietzsche, Nachgelassene Fragmente. Ende 1886 – Frühjahr 1887)
Schopenhauer, der wiederum vom Buddhismus und dessen Leitspruch „Leben ist Leiden“ geprägt wurde, bildete das Fundament seines späteren Weltbilds. Nietzsches Philosophie basiert auf dem Perspektivismus, Skeptizismus und Nihilismus.
Nietzsche und der Nihilismus
Der Nihilimus (aus dem Lateinischen nihil = nichts) ist eine philosophische Auffassung, die durch Friedrich Heinrich Jacobi begründet und von Nietzsche fortgeführt wurde. Der Nihilismus negiert jegliche Werte und Moralvorstellungen, leugnet die Existenz Gottes und verneint die Möglichkeit von Erkenntnis an sich. Er lehrt die absolute Sinnlosigkeit des Lebens.
Laut Nietzsche werden sich alle Ereignisse im Universum auf ewig wiederholen, da die Zeit unendlich ist, die Zahl möglicher Zustände der Welt jedoch endlich. Somit sind alle möglichen Zustände bereits eingetreten und der gegenwärtige Zustand nur eine Wiederholung. Alles, was der Mensch erlebt, wurde von diesem schon unendlich oft erlebt und wird ebenso unendlich oft wieder durchlebt werden. Nur eine vollkommen neue Rasse sei in der Lage, diesen Zustand zu ertragen: Der Übermensch.
Nietzsche und der Übermensch
Nietzsche prägte den Begriff des Übermenschen. Darunter versteht man einen idealen Menschentypus, der sich von den Zwängen der herrschenden Vorstellungen der Religion und Moral befreit und sich ungehindert davon frei entfalten kann. Er kritisierte das Christentum aufgrund seiner „Sklavenmoral“ und forderte eine „Umwertung der Werte“.
„Gott ist tot!“
(Quelle: Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft, Aph. 125)
Sein Menschenbild geht davon aus, dass die herrschende Religion und Ethik dazu da sein, den Schwächeren zu nützen und den Mächtigen und Starken im Zaum zu halten. Nur der Mensch sei der Inbegriff des Willens zur Macht. Er solle sich nur von sich selbst leiten lassen, nicht von Religion oder Ethik. Um dieses Ziel zu erreichen, müsse der Mensch zunächst ausgerottet werden. Aus ihm solle eine neue Rasse, der Übermensch, emporsteigen.
„Der Mensch ist etwas, das überwunden werden soll. Der Übermensch ist der Sinn der Erde.“
Also sprach Zarathustra
In seinem Werk „Also sprach Zarathustra“ thematisiert Nietzsche die Idee des Übermenschen. Der Übermensch sei ein höherer Mensch, der neue Moral schafft. Er lasse sich nicht von Religion, Ethik, Moral beherrschen, sondern herrsche selbst. Zuvor müsse es zur Umstoßung aller Werte und Normen kommen. Auch Gott müsse neu erschaffen werden. Nietzsche geht davon aus, dass dieser Mensch noch nicht existiert. Er geht außerdem von der Ungerechtigkeit des Lebens an sich aus. Später wurde der Begriff des Übermenschen von der NS-Diktatur für ihre Zwecke missbraucht.
Passend dazu formulierte Kurt Tucholsky:
„Einige Analphabeten der Nazis, die wohl deshalb unter die Hitlerschen Schriftgelehrten aufgenommen worden sind, weil sie einmal einem politischen Gegner mit dem Telephonbuch auf den Kopf gehauen haben, nehmen Nietzsche heute als den ihren in Anspruch. Wer kann ihn nicht in Anspruch nehmen! Sage mir, was du brauchst, und ich will dir dafür ein Nietzsche-Zitat besorgen.“
(in: Gesammelte Werke, 1975, Bd. 10, S. 14)
In diesem Video erfahren Sie mehr über Friedrich Nietzsche und dessen Philosophie:
Werke (Auswahl)
- Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen (1883 – 1885)
- Jenseits von Gut und Böse. Vorspiel einer Philosophie der Zukunft (1886)
- Zur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift (1887)
- Der Antichrist. Fluch auf das Christenthum (1888)
- Ecce homo. Wie man wird, was man ist (Autobiographie) (1888 – 1889)
Zitate
„Mitfreude, nicht Mitleiden macht den Freund.“
(Quelle: Nietzsche, Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister, 1878-1880. Erster Band. Neuntes Hauptstück. Der Mensch mit sich allein)
„Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum.“
(Quelle: Nietzsche, Götzen-Dämmerung oder Wie man mit dem Hammer philosophiert, 1889. Sprüche und Pfeile)
„Sind doch alle Ordnungen des Menschen darauf eingerichtet, daß das Leben in einer fortgesetzten Zerstreuung der Gedanken nicht gespürt werde.“
(Quelle: Unzeitgemäße Betrachtungen – Kapitel 28, 1873 und 1876)
„Man widerspricht oft einer Meinung, während uns eigentlich nur der Ton, mit dem sie vorgetragen wurde, unsympatisch ist.“
(Quelle: Nietzsche, Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister, 1878-1880. Erster Band. Sechstes Hauptstück. Der Mensch im Verkehr)
„Das absolute Wissen führt zum Pessimismus: die Kunst ist das Heilmittel dagegen.“
(Quelle: Nietzsche, Nachgelassene Fragmente. Sommer 1872 bis 1874, Teil 3 Band 4)
„Mancher findet sein Herz nicht eher, als bis er seinen Kopf verliert.“
(Quelle: Nietzsche, Nachgelassene Fragmente. Sommer 1883)
„Nicht fort sollt ihr euch entwickeln, sondern hinauf.“
(Quelle: Nietzsche, Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen. 1883-1885 (1. vollständige Ausgabe 1892), Erstdruck 1883. Dritter Teil, 1884. Von alten und neuen Tafeln)